Die Haftung im Transportrecht - Rechtsprechungsübersicht 2015 -

Die zentrale Haftungsnorm im Frachtrecht ist § 425 Abs. 1 HGB. Diese bestimmt die Haftung des Frachtführers bzw. des Fixkostenspediteurs (§ 459 HGB). Danach haftet der Frachtführer für den Schaden, der durch Verlust des Gutes in der Zeit von der Übernahme zur Beförderung bis zur Ablieferung (sog. Obhutszeitraum) entsteht.

 

Wann beginnt der Frachtvertrag?

Bereits die Frage der Übernahme ist Streitpunkt vieler Prozesse. Bei der Anwendbarkeit des CMR-Übereinkommens statuiert Art. 9 CMR die widerlegliche Beweiswirkung des Frachtbriefs für den Abschluss und Inhalt des Beförderungsvertragses sowie für die Übernahme des Gutes durch den Frachtführer. Im nationalen Recht ergibt sich dies aus § 409 HGB. Das OLG Köln führt in seinem Urteil vom 16.04.2015 aus, dass diese gesetzliche Vermutung nur dann eingreift, wenn der Frachtbrief nach Art. 5 CMR ordnungsgemäß unterschrieben wurde. Trägt der Frachtführer keinen Vorbehalt in den Frachtbrief ein, gilt die Vermutung des Art. 9 CMR selbst dann, wenn ihm eine Überprüfung hinsichtlich der Anzahl, Zeichen, Nummern, Verpackung und des äußeren Zustands von Gut und Verpackung tatsächlich nicht möglich war. Art. 9 Abs. 2 CMR gilt nur für die Anzahl der Frachtstücke, nicht für deren Inhalt und ihre Menge, soweit sie nicht in Stückzahlen ausgedrückt ist.

 

Liegt ein Verlade- und Verstaufehler vor?

In einem Versäumnisurteil vom 19.03.2015 nahm der BGH Stellung zu einem Verlade- und Verstaufehler des Absenders gemäß Art. 17 Abs. 4 c), Art. 18 Abs. 2 CMR. Hiernach ist der Frachtführer von einer Haftung befreit, wenn die Beschädigung des Gutes auf einen Verlade- oder Verstaufehler des Absenders zurückzuführen ist. Ein Verladefehler kommt in Betracht, wenn es wegen einer Notbremsung zu einer Höherstauung der Ladung kommt.

 

Wann endet der Frachtvertrag?

Aber auch die Frage, wann der Frachtvertrag endet, war Thema eines BGH Urteils vom 17.09.2015. Danach gilt die Beförderung gemäß § 419 HGB nach dem Entladen des Gutes als beendet. Gleichzeitig mit der Beförderung endet auch der Frachtvertrag. Tritt der Verlust des Gutes später ein, haftet der Frachtführer nicht mehr nach den frachtrechtlichen Vorschriften, sondern nach den BGB Vorschriften über die Verwahrung gemäß §§ 688 ff. BGB, sofern das Gut in seiner Obhut bleibt oder nach den Bestimmungen über das Lagergeschäft gemäß §§ 467 ff. HGB, sofern das Gut eingelagert wird. Zudem behandelte hier der BGH auch die Frage der rechtlichen Beziehung zwischen dem Unter- und Hauptfrachtverhältnis. Der BGH führte aus, dass die Beendigung der Beförderung im Unterfrachtverhältnis grundsätzlich nicht automatisch zur Beendigung der Beförderung im Hauptfrachtverhältnis führt.

 

Wann trifft den Frachtführer eine gewichtsunabhängige Haftung?

Grundsätzlich ist die Haftung im Transportrecht der Höhe nach beschränkt. Ist dem Frachtführer jedoch nach Art. 29 Abs. 1 CMR, § 435 HGB Leichtfertigkeit mit Schädigungsbewusstsein vorzuwerfen, haftet der Frachtführer der Höhe nach unbeschränkt. Aus diesem Grund ist die Frage, wann ein solches qualifiziertes Verschulden des Frachtführers vorliegt oftmals Gegenstand gerichtlicher Auseinandersetzungen. In dem Urteil des OLG Stuttgart vom 25.02.2015 führt dieses aus, dass eine solche gewichtsunabhängige Haftung nicht eingreift, wenn dem Frachtführer nicht mitgeteilt wurde, dass es sich bei der Ladung um besonders wertvolle und damit diebstahlsgefährdete Textilien handelt und diese nachts auf einem unbewachten und unbeleuchteten Parkplatz, auf dem noch andere Lastwägen abgestellt waren, entwendet wurde, während der Fahrer in der Fahrerkabine schlief. Danach trifft den Frachtführer weder die Verpflichtung zu hinterfragen, ob es sich um diebstahlsgefährdetes Gut handelt noch die Verpflichtung zu hinterfragen, ob besondere Sicherheitsvorkehrungen notwendig sind.

 

Welche Sicherheitsmaßnahmen muss der Frachtführer treffen?

Das LG Stuttgart hat in seinem Urteil vom 15.12.2014 sogar entschieden, dass der Frachtführer trotz des Hinweises im Speditionsauftrag: „Achtung! Verbrauchssteuerpflichtige Ware (diebstahlgefährdetes Gut!)“ nicht in unbegrenzter Höhe haftet, da ihm zwar wegen der Art der Ware (Tabak) ein Diebstahlsrisiko bekannt war, eine besondere Gefahrenlage aufgrund des nicht erheblichen Wertes des Gutes sich für ihn jedoch nicht ergab. Das OLG München führte in seinem Urteil vom 28.10.2015 aus, dass ein vorsätzlicher Verstoß gegen vereinbarte Sicherheitsvorkehrungen je nach den Umständen ein qualifiziertes Verschulden begründen kann. Auslegungszweifel bei der Auslegung des Begriffs „unbeaufsichtigter Ort“ und „beaufsichtigter Plätze“ in Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Versenderin gehen jedoch zu ihren Lasten. Das schlichte nächtliche Parken auf einem Autohof an einer deutschen Autobahn begründet die Annahme eines qualifizierten Verschuldens auch bei Transport von leicht absetzbaren Gütern (EDV-Geräten) nicht. Demgegenüber nahm das OLG Köln in seinem Urteil vom 16.04.2015 ein qualifiziertes Verschulden des Frachtführers an, wenn dieser die Werthaltigkeit der übergebenen Waren kannte und eine vermeidbare Übernachtung auf einem unbewachten Parkplatz durchführte, obwohl das Planenfahrzeug nicht einmal mit einem Schloss gesichert war. Im Ergebnis unterliegt die Frage des qualifizierten Verschuldens der Einzelfallbetrachtung. Sie wird daher von der Rechtsprechung weiterhin teilweise uneinheitlich behandelt.

Haben Sie Fragen zu haftungsrechtlichen Fragen im Transportrecht? Gerne beantworten wir Ihre Fragen! Nehmen Sie Kontakt zu uns auf.