Ausgleichsanspruch eines Franchisenehmers nach Vertragsbeendigung?
– Zwei Voraussetzungen –
BGH, Urteil vom 05.02.2015 – VII ZR 109/13
Zum Sachverhalt:
Die Beklagte betreibt eine Handwerksbäckerei-Kette, zu der über 930 Bäckereien in Deutschland gehören. Von diesen Bäckereien werden über 90 % von Franchisepartnern geführt. Der Kläger war einer der Franchisepartner und hatte mit der Beklagten im Jahr 2005 zwei Franchiseverträge geschlossen. Die Verträge beinhalteten den Verkauf von Waren in den Backshops im eigenen Namen und auf eigene Rechnung. Sie enthielten keine Verpflichtung zur Übertragung des Kundenstamms oder zur Übermittlung von Kundendaten nach Beendigung der Vertragsbeziehungen. Aus den Verträgen ergab sich die Pflicht des Franchisenehmers, die Geschäftsräume an den Franchisegeber nach Vertragsbeendigung zurückzugeben. Die beiden Franchiseverträge wurden im Jahr 2007 durch Aufhebungsverträge beendet. Der Franchisenehmer verlangte von der Beklagten einen Ausgleich entsprechend § 89b HGB in Höhe von 116.400,55 € nebst Zinsen und blieb dabei in allen Instanzen bis zur Revision durch den BGH erfolglos.
Zu den Gründen:
Ein Handelsvertreter kann grundsätzlich nach Beendigung eines Vertrags einen angemessenen Ausgleich verlangen (§ 89b HGB). In dieser wichtigen Entscheidung legt der BGH fest, welche Voraussetzungen vorliegen müssen, damit auch ein Franchisenehmer nach Beendigung eines Franchisevertrags einen Ausgleich verlangen kann:
- Der Franchisenehmer ist so in die Absatzorganisation seines Vertragspartners eingegliedert, dass er wirtschaftlich in erheblichem Umfang einem Handelsvertreter vergleichbare Aufgaben zu erfüllen hat.
Dies ist bei einem Franchisevertrag wie auch in diesem konkreten Fall regelmäßig der Fall. - Der Franchisenehmer ist verpflichtet, seinen Kundenstamm zu übertragen, so dass sich der Franchisegeber bei Vertragsende die Vorteile des Kundenstamms sofort und ohne weiteres nutzbar machen kann.
Diese Voraussetzung lag im vorliegenden Fall nicht vor:
Bei Franchiseverträgen handelt es sich meistens um anonymes Massengeschäft wie auch in diesem Streitfall. Dies bedeutet, dass keine Kundenlisten geführt und kein individueller Kontakt mit den Kunden besteht. Ein solcher anonymer Kundenstamm ist nach Vertragsbeendigung nach Ansicht des BGH gerade nicht ohne weiteres für den Franchisegeber nutzbar. Der Franchisenehmer, der im eigenen Namen und für eigene Rechnung handelt, besorgt – anders als der Handelsvertreter – mit der Werbung eines Kundenstamms primär ein eigenes, kein fremdes Geschäft, auch wenn der Franchisenehmer gegenüber den Kunden nicht unter eigenem Kennzeichen, sondern unter dem des Franchisesystems in Erscheinung tritt. Wie der BGH in seiner Entscheidung ausführt, könne die „bloße faktische Kontinuität des Kundenstamms“, nicht mit der Übertragung des Kundenstamms gleichgesetzt werden, selbst wenn die Geschäftsräume nach Vertragsbeendigung an den Franchisegeber oder einen Dritten, wie meistens - so auch in diesem Fall, zurückzugeben sind.
Urteil abgedruckt in: ZVertriebsR, 2/2015, Seite 102 ff.; IHR, 2/2015, Seite 68 ff.; NJW 13/15 Seite 945 f.