JEFTA – eine Chance für den europäisch-japanischen Handel

04. Juni 2019

Als Kanzlei für Import- und Exportgeschäfte mit den Tätigkeitsschwerpunkten Zollrecht, Transportrecht und Internationales Kaufrecht sind wir Ihr deutschlandweiter Ansprechpartner rund um das Thema JEFTA. Durch unsere Kooperation mit der japanischen Kanzlei Nakaso Law Office in Osaka können wir sowohl deutsche als auch japanische Unternehmen bei ihren länderübergreifenden Geschäften kompetent und effizient beraten.
Wir freuen uns auf Ihre Anfrage!


Inhaltsverzeichnis:

  1. Allgemeines
  2. Zollabbau
  3. Ursprungsregeln
  4. Ursprungsnachweis
  5. Schutz des geistigen Eigentums / geographische Herkunft
  6. Öffentlicher Beschaffungsmarkt

1. Allgemeines

Das neue Freihandelsabkommen zwischen der Europäischen Union und Japan, genannt JEFTA (Japan-EU Free Trade Agreement oder auch EU-Japan Economic Partnership Agreement), ist am 01. Februar 2019 in Kraft getreten. In der Ausgabe des EU-Amtsblattes vom 27. Dezember 2018 Nr. L 330 wurde der Volltext des Abkommens veröffentlicht. In den vergangenen Jahren exportierte die EU jährlich Waren im Wert von 58 Mrd. Euro und Dienstleistungen im Wert von 28 Mrd. Euro nach Japan. Aus Japan wurden Waren im Wert von 28 Mrd. Euro importiert. Gemeinsam erwirtschaften die EU und Japan 30 % des Welt-Bruttoinlandsprodukts. Davon entfallen rund 19,5 Mrd. Euro auf Exporte aus Deutschland und 22,9 Mrd. Euro auf Importe nach Deutschland.

Vor diesem Abkommen hatten Unternehmen mit unterschiedlichen Handelshemmnissen zu kämpfen. Bislang mussten europäische Exporteure hohe japanische Zölle wie beispielsweise 15 % auf Wein, 30 % auf Schokolade, bis zu 40 % auf Käse und Rindfleisch bezahlen. Daneben gab es in Japan viele Regelungen, beispielsweise für die Zulassung einzelner Obstsorten, die zu langwierigen und kostenintensiven Verfahren führten. Dies führte dazu, dass Unternehmen gehemmt waren, nach Japan zu exportieren.
Von dem Abkommen profitieren aktuell etwa 74.000 europäische Unternehmen, die nach Japan exportieren. Von diesen sind ca. 78 % kleinere und mittlere Unternehmen (KMU). Insbesondere die Branchen Agrarerzeugnisse und Lebensmittel, Kraftfahrzeuge, Arzneimittel, Medizinprodukte und Beförderungsmittel profitieren von dem Abkommen.

Das Freihandelsabkommen umfasst die folgenden Regelungen:

2. Zollabbau

Durch das Abkommen sollen langfristig 97 % der Zölle auf EU-Exporte entfallen. Bereits bei Inkrafttreten des Abkommens werden 90 % der Zölle aufgehoben. Der weitere Zollabbau erfolgt durch zeitlichen Ablauf verschiedener Übergangsfristen, wobei diese teilweise bis zu 16 Jahre betragen.

Im Einzelnen (auszugsweise):

  • Zölle auf Wein und Hartkäsesorten wie Cheddar und Gouda sind mit Inkrafttreten vollständig entfallen
  • für Frischkäsesorten (Mozzarella, Feta) gibt es ein zollfreies Kontingent
  • für Rindfleischerzeugnisse sollen die Zölle über einen Zeitraum von 15 Jahren von ursprünglich 38,5 % auf 9 % sinken
  • Zölle auf gewerbliche Waren (Chemikalien, Kunststoffe, Kosmetika, Textilwaren, Bekleidung) entfallen vollständig
  • Zölle auf Schuhe werden auf 21 % gesenkt; nach zehn Jahren entfallen diese komplett

3. Ursprungsregeln

Ursprungserzeugnisse, die nicht in den Zeitplänen des Zollabbaus genannt sind, werden mit Inkrafttreten des Abkommens zollfrei. Die Zollbefreiung gilt nur, wenn die im Abkommen enthaltenen Ursprungsregeln erfüllt werden. Die präferenziellen Ursprungs- und Verfahrensregeln sind in Kapitel 3 des Abkommens festgelegt.

Nach Art. 3.2 des Abkommens gelten Erzeugnisse als Ursprungserzeugnisse, wenn sie

  • vollständig gewonnen oder hergestellt worden sind im Sinne des Art. 3.3,
  • ausschließlich aus Vormaterialien mit Ursprung in der EU oder in Japan hergestellt wurden oder
  • unter Verwendung von Vormaterialien ohne Ursprungseigenschaft hergestellt wurden, sofern die Voraussetzungen des Anhangs 3-B erfüllt sind.


Als Ursprungsregeln für den Ursprungserwerb sieht das Abkommen als „allgemeine Grundsätze“ vor:

  • Neueinreihung im Zolltarif
  • bestimmte Wertschöpfung als Höchstwert der Vormaterialien ohne Ursprungseigenschaft oder minimaler regionaler Wertanteil
  • bestimmtes Herstellungsverfahren
  • oder eine andere in den Anhängen 3-A und 3-B festgesetzte Voraussetzung


Ferner enthält das Abkommen Regelungen über die nicht ausreichende Be- oder Verarbeitung (Minimalbehandlung, Art. 3.4), Kumulierungsregeln (Art. 3.5), Toleranzen (Art. 3.6), buchmäßige Trennung (Art. 3.8) und Regeln zum Nachweis der Nichtmanipulation (Art. 3.10). Das Abkommen sieht kein Draw-Back-Verbot vor.

4. Ursprungsnachweis

Für Ursprungserzeugnisse einer Vertragspartei kann die andere Vertragspartei eine Zollpräferenzbehandlung in Anspruch nehmen. Der Einführer hat einen entsprechenden Antrag zu stellen. Er ist für die Richtigkeit seines Antrags sowie für die Einhaltung der präferenziellen Ursprungs- und Verfahrensregeln verantwortlich. Als Grundlage des Antrags hat der Einführer zwei Möglichkeiten:

  • Erklärung zum Ursprung
  • Gewissheit des Einführers

Die Grundlage ist jeweils mit einer eigenen Codierung in der Zollanmeldung anzugeben.

Enthält ein Handelsdokument mehrere Positionen, für die unterschiedliche Ursprungskriterien verwendet wurden, müssen diese einzeln den jeweiligen Codierungen zugeordnet werden. Dies ist entweder durch Anbringen der einzelnen Codierungen direkt an der Positionsnummer oder durch eine Auflistung im Handelsdokument vorzunehmen.

Erklärung zum Ursprung (EzU):

Im Wege der Selbstzertifizierung durch den Ausführer in Form einer EzU erfolgt die Dokumentation des Ursprungs. Die Erklärung hat dem in Anhang 3-D genannten Wortlaut zu entsprechen und ist auf einer Rechnung oder einem anderen Handelspapier anzugeben. Das Ursprungserzeugnis muss dabei so genau wie möglich bezeichnet werden, damit eine Identifizierung möglich ist. Als Ursprungsland ist dabei entweder „Europäische Union“ oder „Japan“ anzugeben. Während die Angabe des Namens des Ausführers zwingend erforderlich ist, ist eine Unterschrift dagegen nicht erforderlich.
Zur Identifizierung des Ausführers ist in der Regel eine Referenznummer anzugeben. Bei japanischen Ausführern ist dies die „Japan Corporate Number“ (JCN), bei europäischen Ausführern – ab einem Warenwert von 6.000 Euro pro Sendung – die Nummer eines „registrieren Ausführers“ (REX).

Gewissheit des Einführers:

Artikel 3.18 des Abkommens führt aus, dass die Gewissheit des Einführers, dass ein Ursprungserzeugnis vorliegt, auf Informationen gründet, die belegen, dass das Erzeugnis die Ursprungseigenschaft besitzt und die Voraussetzungen des Kapitels 3 erfüllt sind. Der Einführer benötigt somit belastbare Informationen und entsprechende Nachweise über die Ursprungseigenschaft der Ware, die vom Ausführer oder Hersteller zur Verfügung gestellt werden.
Zu Prüfungszwecken dürfen die Zollbehörden vom Importeur nach Art. 3.21 des Abkommens die nötigen Informationen zur Beurteilung der Ursprungseigenschaft anfordern. Zwingend erforderlich sind die zolltarifliche Einreihung der Ware im Harmonisierten System und eine Angabe über die verwendeten Ursprungskriterien. Daneben können beispielsweise auch Informationen über das Herstellungsverfahren, über die verwendeten Vormaterialien oder Angaben über das Gewicht und den Wert des Erzeugnisses verlangt werden.

Um den Schutz sensibler Geschäftsinformationen zu wahren ist es möglich, dass der Ausführer die angeforderten Informationen direkt an die Zollbehörde des Importlandes übermittelt, sodass er diese dem Einführer nicht zugänglich machen muss!

5. Schutz des geistigen Eigentums / geographische Herkunft

Ein wichtiger Teil des Abkommens umfasst den Schutz sogenannter geographischer Angaben. Damit wurde in dem Abkommen der EU-Sonderstatus anerkannt. Künftig sind über 200 landwirtschaftliche Erzeugnisse mit besonderer geographischer Herkunft auf dem japanischen Markt geschützt. Unter diesen Schutz fallen beispielsweise: Lübecker Marzipan, Nürnberger Bratwürste, Roquefort, Prosecco, Feta, bayerisches Bier und vieles mehr.

6. Öffentlicher Beschaffungsmarkt

Durch das Abkommen wird europäischen Unternehmen der Marktzugang zu öffentlichen Vergabeverfahren in insgesamt 48 Großstädten Japans eröffnet. Zudem wurde der Marktzugang um 21 neue Dienstleistungskategorien (z.B. telekommunikationsnahe Dienste) erweitert. Auch werden bestehende Hemmnisse bei der Vergabe öffentlicher Aufträge im Eisenbahnsektor beseitigt.

Fazit

Die EU rechnet damit, dass EU-Exporte für Waren und Dienstleistungen nach Japan um bis zu 24 % steigen werden. Das Wachstum der Exporte wird auf 13 Mrd. Euro jährlich geschätzt. Diese Zahlen belegen, welches enorme Potential der Handel zwischen europäischen und japanischen Unternehmen hat. Durch JEFTA wurde die Möglichkeit, dieses Potential zu nutzen, verbessert und vieles im Handel vereinfacht. Nun bleibt abzuwarten, wie und in welchem Umfang die Wirtschaft von ihren neuen Möglichkeiten Gebrauch macht.