Preisanpassungen - Zölle
Zölle und Antidumpingzölle beim Import von Maschinen und Medizintechnik – Wann und wie können Mehrkosten rechtssicher an Kunden weitergegeben werden?
Unternehmen, die Maschinen oder Medizintechnik importieren, sehen sich nicht nur den klassischen Einfuhrabgaben, sondern auch kurzfristig eingeführten oder verschärften Antidumpingmaßnahmen ausgesetzt. Solche Abgaben können eine sorgfältig kalkulierte Lieferung innerhalb weniger Tage aus dem Gleichgewicht bringen. Daraus ergibt sich die entscheidende Frage: Dürfen die zusätzlichen Kosten an die Kunden weitergegeben werden – und wenn ja, auf welcher rechtlichen Grundlage und in welcher Form?
Der Ausgangspunkt ist stets der abgeschlossene Vertrag. Ein vereinbarter Festpreis bindet grundsätzlich, da darin in der Regel die Übernahme des Risikos unvorhersehbarer Kostensteigerungen liegt. Mehrkosten auf der Importseite, also auch Zoll- und Antidumpingzölle, fallen daher normalerweise in die Risikosphäre des Verkäufers, solange nichts anderes vereinbart wurde. Dennoch ist die Weitergabe nicht ausgeschlossen. Das deutsche Zivilrecht kennt zwei zentrale Korrektive:
- Preisanpassungsklauseln im Vertrag,
- § 313 BGB (Störung der Geschäftsgrundlage) als gesetzliche Auffangregel.
Nur in seltenen Ausnahmefällen greifen die Unmöglichkeit nach § 275 BGB oder Art. 79 CISG (Force Majeure).
Preisanpassungsklauseln als Königsweg
Im B2B-Bereich sind Preisanpassungsklauseln zulässig, sofern sie transparent sind, auf objektiven Kostenanlässen beruhen und nicht der nachträglichen Gewinnsteigerung dienen. Sie sollten klar benennen, welche staatlichen Maßnahmen eine Preiserhöhung auslösen, und den Mechanismus der Preisanpassung nachvollziehbar gestalten.
Besonders praxisgerecht sind Klauseln, die sich ausdrücklich auf Zölle, Antidumping- und Ausgleichszölle oder andere handelspolitische Schutzmaßnahmen beziehen und eine Anpassung „in Höhe der tatsächlichen Mehrbelastung“ vorsehen. Oft wird eine Pflicht zur Vorlage von Belegen vereinbart. Verkäufer sollten jedoch nicht verpflichtet sein, auf alternative Beschaffungsmärkte auszuweichen, da dies erhebliche operative Belastungen mit sich bringen kann.
Wichtig ist, dass die meisten Lieferverträge AGB-Charakter haben. Schon wenn ein Vertragsformular entworfen und zur mehrfachen Verwendung bestimmt ist, gilt es rechtlich als Allgemeine Geschäftsbedingung. In der Praxis bedeutet das, dass nahezu alle Lieferverträge, die mit Standardmustern arbeiten, einer AGB-Kontrolle unterliegen. Daher müssen Preisanpassungsklauseln selbst im B2B-Bereich den gesetzlichen Anforderungen an Transparenz und Angemessenheit genügen.
Wenn Klauseln fehlen: § 313 BGB
Fehlen Preisanpassungsklauseln, bleibt § 313 BGB als Notlösung. Er greift aber nur bei gravierenden und unvorhersehbaren Änderungen der Umstände, die das vertragliche Gleichgewicht erschüttern. Normale Kostensteigerungen reichen nicht aus. Entscheidend ist eine sorgfältige Dokumentation:
- Welche Zölle oder Abgaben wurden eingeführt?
- Wie hoch ist die tatsächliche Mehrbelastung?
- Welche Alternativen (z. B. Lieferantenwechsel, Drittlandbezug, Terminverschiebung) wurden geprüft?
Je präziser diese Aspekte belegt werden, desto eher kann eine Vertragsanpassung begründet werden.
Wirtschaftliche Unmöglichkeit und Force Majeure
Die Berufung auf wirtschaftliche Unmöglichkeit (§ 275 BGB) oder Force Majeure (Art. 79 CISG) führt selten zum Erfolg. Reine Verteuerung, selbst in erheblichem Ausmaß, reicht nicht aus. Gerichte erwarten, dass vor einer Berufung auf Force Majeure zumutbare Ersatz- oder Alternativbeschaffungen versucht wurden.
Vertragstypen und Beispiel
In Rahmenverträgen mit laufenden Abrufen sind Preisanpassungsklauseln anerkannt und sinnvoll. In projektbezogenen Festpreisverträgen fehlt meist jede Preisdynamik, sodass hier nur § 313 BGB als Korrektiv verbleibt.
Ein Beispiel verdeutlicht die Unterschiede: Wird ein Bauteil plötzlich mit einem 25-%-Antidumpingzoll belegt, erlaubt eine entsprechende Klausel eine Preisanhebung, beschränkt auf die konkrete Mehrbelastung und unter Vorlage von Nachweisen. Fehlt die Klausel, kann § 313 BGB greifen, wenn die Zollerhöhung gravierend und unvorhersehbar war. Doch auch hier geht es nicht um neue Margen, sondern um die Wiederherstellung des ursprünglichen Vertragsgleichgewichts.
Gestaltungshinweise für die Praxis
Für die künftige Vertragsgestaltung haben sich Preisanpassungsklauseln mit drei Kernelementen bewährt:
- Benennung der Kostenanlässe: Zölle, Antidumping- und Ausgleichszölle, handelspolitische Schutzmaßnahmen.
- Definition des Anpassungsmechanismus: Berechnung in Höhe der tatsächlichen Mehrbelastung, flankiert durch Nachweispflichten.
- Absicherung des Äquivalenzverhältnisses: Abwärtsanpassungen bei Wegfall von Maßnahmen sowie Lösungsrechte für den Käufer bei erheblichen Belastungen.
Optional können Preisbestimmungsrechte nach § 315 BGB Flexibilität schaffen, erfordern jedoch eine faire Ausübung und unterliegen der gerichtlichen Kontrolle.
Handlungsempfehlungen für laufende Verträge
Für bestehende Verträge empfiehlt sich ein strukturiertes Vorgehen:
- Prüfung der Vertragsklauseln (Preisanpassung, Force Majeure).
- Dokumentation der Mehrbelastungen und möglichen Alternativen.
- Frühzeitige Kommunikation mit dem Kunden und transparente Berechnung der Anpassung.
- Vorbereitung einer Argumentationslinie nach § 313 BGB, wenn keine Klauseln greifen.
Fazit
Zölle und Antidumpingzölle sind kein unausweichliches Schicksal, das Importeure allein tragen müssen. Sie können rechtssicher weitergegeben werden, wenn die Verträge klare Preisanpassungsklauseln oder Preisbestimmungsrechte enthalten. Fehlen solche Regelungen, eröffnet § 313 BGB in gravierenden Ausnahmefällen die Möglichkeit zur Vertragsanpassung. Auf Unmöglichkeit oder Force Majeure sollte man sich nur stützen, wenn tatsächlich ein objektiver Leistungshinderungsgrund vorliegt.
Wer Vertragsmuster sorgfältig ausgestaltet, transparente Dokumentation führt und frühzeitig kommuniziert, schafft die Grundlage, staatlich induzierte Mehrbelastungen in der Lieferkette fair und rechtssicher weiterzugeben.
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